In Wien gibt es zwei große Vergnügungs- parks: den international
bekannten
>>> Wiener Prater
und den weit weniger bekannten >>> Böhmischen
Prater.
In den Wiener Außenbezirken gab es vor dem Zweiten Weltkrieg noch zahlreiche kleine Vergnügungsparks. Nur
mehr wenige davon konnten nach dem Krieg ihren Betrieb wieder aufnehmen.
Im 14. Bezirk, in der Steinbruchstraße waren es sogar zwei: Familie
Pechacek auf
Nummer 94-96, dieser wurde 1970 geschlossen und den letzten leider nur bis Ende 2005 bestehende "Bezirksprater" in Wien, Anton Dedic's Vergnügungspark zum Windradl
in der Steinbruchstraße 39 an der Grenze zu Ottakring.
Ringelspiel Baujahr 1954, Video 1992
Kinderautodrom, Video 1992
Begonnen hat alles im Jahr 1910.
Da hat sich der Vater von Anton Dedic, ein
Tischlermeister aus Tschechien, sein Erbteil auszahlen lassen und ist in die
"Reichshaupt- und Residenzstadt" nach Wien gezogen. Auf dem Grundstück, das damals noch von Äckern des
Grund- besitzers Kuffner umgeben war, hat er Fahrräder mit Stangen an einer Achse befestigt und hatte so sein erstes Fahrradkarussell. Dann wurden Schaukeln aufgestellt und schließlich hatte die Mutter das Geschäft übernommen.
In den nächsten Jahren kamen noch ein Kinderringelspiel, ein Kettenflieger eine Schießbude,
Kinderschaukeln und eine "Lustige Bank" hinzu.
Das Prunkstück, das Kettenkarussell wurde in einigen Nachkriegsfilmen als Requisite eingesetzt. So z.B. in dem Film "Scherben bringen Glück" wo sich die Kessler Zwillinge auf dem Karussell vergnügten.
Vergnügungsparkgründer Anton Dedic hatte fünf Kinder, die nach dem Zweiten Weltkrieg mit viel Mühe wieder von vorne beginnen mussten.
1954 wurde das Ringelspiel gebaut, mit dem sie außer auf ihrem
Vergnügungs- park in der Steinbruchstraße bis 1984 mit verschiedenen Geschäften
samt Schaukeln und Schießbuden auf Kirtage und
Bezirksfeste fuhren.
Danach betrieben die letzten beiden Geschwister Josefa, geboren 1913
und Anton, geboren 1922 nur noch ihren Vergnügungspark in der Steinbruch-
straße, da das Schaustellerleben am Kirtag zu beschwerlich
wurde.
Die Bildtafeln am Ringelspiel erzählen eine
ganze Geschichte.
Außer dem Ringelspiel gibt es heute noch ein Kinderautodrom mit batteriebetriebenen Wagen und eine Schießbude.
Die Musik für den Mini-Prater kommt seit 60 Jahren von einem
Tonbandgerät aus dem
gleichen Lautsprecher und hat sich auch seither kaum verändert.
Oft wurden Kinderfeste veranstaltet, deren Reinerlös für karitative Zwecke gespendet wurde
(z.B. Krebshilfe-Kinderspital).
Seit dem Tod von Josefa Dedic im Dezember 2002 wird der
Vergnügungspark von Anton Dedic alleine betrieben. Zum Glück gibt es
aber auch heute noch Nachbarschaftshilfe und Ludwig Milos kommt sooft er
kann herüber und hilft mit.
Leider hat die ganze Schaustellerfamilie inmitten der vielen Arbeit
keine Zeit zum Heiraten gefunden und so gibt es für Herrn Dedic keinen
Erben.
Er hat zwar jemand gefunden, der das Ringelspiel weiter betreiben
würde, es gibt aber leider behördliche Probleme mit dem Grundstück.
Bereits 1975 versuchte die Fa. Philips die Gründe für eine
Parkplatz- erweiterung
zu erwerben und Familie Dedic erhielt 1979 einen Räumungs- befehl.
Durch
eine Bürgerinitiative konnte 1980 mit vielen Unterschriften und
einem Kinderfest mit zahlreichen prominenten Gästen, wie z.B. Dr.
Erhard Busek,
Dr. Helmut Zilk, Otto Bauer und Fernsehclown Enrico, die
Räumung jedoch damals noch verhindert werden.
Das Erinnerungsalbum über das Ringelspiel wurden mir
freundlicher Weise im August 2005 von Herrn Dedic zur Verfügung gestellt.
Herr Dedic ist leider im Oktober 2005 verstorben und
damit hat das Ringelspiel derzeit seine Tore geschlossen. Die
Zukunft des Vergnügungsparks ist sehr ungewiss. Es gibt aber eine engagierte
Gruppe von Anrainern, die sehr an einer Weiterführung dieser Attraktion
interessiert sind.
Hoffen wir, dass ihre Bemühungen erfolgreich
sind.
Vielleicht gelingt es auch durch den persönlichen Einsatz der Bezirksvorsteherin, Frau Andrea Kalchbrenner, den Fortbestand des letzten
Bezirkspraters
in Wien bis zu seinem hundertjährigen Bestehen und darüber
hinaus zu ermöglichen.
Aktuelle Meldungen im Bezirksjournal Penzing Ende August 2006:
Damit ist wieder ein Stück alt-Wiener Kultur endgültige
Geschichte geworden!
Und so sieht es
dort im Frühling 2007 aus:
2010 ein Blick zurück: keine Spur mehr vom Ringelspiel, nur ein
Parkplatz , und der wirkt nicht einmal wirklich ausgenützt!